19.11.2021
Georg Fischer führt seine Spedition auf Norderney in vierter Generation. Seit wenigen Monaten transportiert er Koffer und Pakete auch mit seinen vollelektrischen Transportern von MAN über die Insel – nicht zuletzt, um in dem Luftkurort mit gutem Beispiel voranzugehen.
Es ist neblig und noch dunkel als der große Lastwagen auf den Hof fährt. Die Frühfähre hat ihn vom Festland nach Norderney gebracht. Die Uhr zeigt kurz vor Sieben, aber in der Speditionshalle schieben bereits mehrere Männer mit kleinen Hubwagen Paletten hin und her. Der Sattelzug parkt rückwärts an der Laderampe ein. „Die Fähre gibt unsere Arbeitszeit vor“, sagt Georg Fischer und kleine Atemwölkchen steigen auf. Er hat sich einen Kapuzenpullover und eine Steppjacke angezogen. Für einen Spätsommermorgen ist es recht frisch. Georg Fischer und seine Mitarbeiter sind die Frühaufsteher auf Norderney. Während die meisten Urlauber noch schlafen, laden sie ab, was die großen Sattelschlepper vom Festland bringen: Lebensmittel, Drogerieartikel und Getränke. Fast alles was in den Hotels auf den Tisch und in den Inselläden ins Regal kommt, geht durch die Hände von Georg Fischers Mannschaft.
Nachdem sich die Ladeklappe des Depots gesenkt hat, rollen die Männer ihre Hubwagen in den langen Hänger und beginnen mit dem Entladen. Stück für Stück schieben sie die Paletten in die Halle, die so groß wie ein Basketballfeld ist. Später werden sie die Ware auf den speziell auf die Insel zugeschnittene Lieferwagen verteilen, denn große Brummis sind in den engen Gassen von Norderney verboten. Georg Fischer führt die Spedition „Johann Fischer“ in vierter Generation. Er ist, so der Fachjargon, „Empfangsspediteur“ für Norderney und die anderen ostfriesischen Inseln. Für die großen Logistikunternehmen lohnt es sich nicht, Waren aus der ganzen Welt und Deutschland auf die Inseln von Borkum bis Wangerooge zu verteilen. Es wäre zu aufwendig, jede einzelne Palettenlieferung mit den Fahrplänen der Fähren abzustimmen. Hinzu kommt, dass ein Lkw während der langen Überfahrt mit der Fähre keine Kilometer machen kann. Für Georg Fischer aber ist der Verteildienst entlang der Nordseeküste Kerngeschäft. Er betreibt ein großes Lager in der Stadt Norden, wo die anderen Speditionen ihre Ware abladen, und bringt sie mit den eigenen Fahrzeugen auf die Fähren. Außerdem ist er für einige Lebensmittel- und Drogeriemarktketten unterwegs. Er holt die Ware aus deren Zentrallagern bei Hannover und Bremen ab und übernimmt dann den Transport bis zu den Filialen auf den Inseln. Darüber hinaus arbeitet er mit einem Baustoffhändler auf Norderney zusammen. Mit seinem speziell auf die Insel zugeschnittenen Fuhrpark transportiert er alles, was man in der Baubranche benötigt, zu den Baustellen auf Norderney – Dachlatten, Kies und vieles mehr.
Georg Fischer ist seit vielen Jahren MAN-Kunde. 35 MAN-Fahrzeuge hat er in seinem Fuhrpark – von der großen Zugmaschine bis zu den drei nagelneuen vollelektrischen Transportern, die er vor wenigen Monaten geleast hat. „Ich bin absolut überzeugt von der Qualität meiner MAN-Fahrzeuge, der Verarbeitung, der Zuverlässigkeit – da quietscht und knarrt nichts“, sagt er. Mit den eTGE will er ein Zeichen setzen. „Norderney ist ein Luftkurort und Heilbad. Da wollte ich mit zu den ersten gehören, die elektrisch fahren.“ Er lacht. „Obwohl ich Diesel im Blut habe.“ Die Urlauber seien sehr naturbewusst und Norderney sei in ganz Deutschland bekannt. „Wenn wir hier mit gutem Beispiel voran gehen, dann strahlt das aus.“
MAN hat bei Georg Fischer Tradition; genau wie die Spedition selbst. Im kommenden Jahr wird sie 125 Jahre alt. Wie sein Vater und Großvater lebt er für den Familienbetrieb. Lange Zeit hatten sein Onkel und sein Vater den Betrieb geführt. Bis sein Vater Mitte der 1990er Jahre krank wurde. „Damals bin ich ins kalte Wasser gesprungen – ich bin ja nicht als Geschäftsführer auf die Welt gekommen. Und dann musste ich plötzlich für 85 Mitarbeiter Verantwortung übernehmen.“ Fair mit den Kollegen umzugehen und dennoch klare Ansagen zu machen, wenn etwas schlecht läuft, das müsse man erst lernen. Genauso wie Urlaub zu nehmen, denn in einer Spedition höre die Arbeit eigentlich niemals auf. Georg Fischer hat die Firma auf einen guten Weg geführt. Er ist inzwischen auch an einem Transportbetonwerk und einem Mineralölhandel beteiligt. „Damit haben wir in den vergangenen Jahren unser Angebot diversifiziert. Ich denke, dass das eine gute Entscheidung war.“ Seine Stärke bleibe der Service: „Wir bemühen uns, richtig gut zu sein und es anderen schwer zu machen, in unserer Nische Fuß zu fassen.“ Zum Service gehöre für ihn auch, freundlich zu den Kunden und vor allem den Urlaubern zu sein. „Während der Hochsaison schimpfen meine Mitarbeiter manchmal über all die Touristen. Dann sage ich ganz deutlich, dass wir alle keine Jobs hätten, wenn es sie nicht gäbe.“
Die Stimmung ist gut in der großen Halle. Die Männer lachen viel und sind schnell beim Du. Seit einigen Wochen gehört auch Sven Große-Hohnacker mit zum Team. Er ist ein sportlicher, durchtrainierter Typ, der anpacken kann. Große-Hohnacker hatte 13 Jahre lang als Bankkaufmann gearbeitet, hier auf seiner Heimatinsel Norderney. „Mir ist das einfach zu langweilig geworden“, sagt er. „Die Arbeit in der Spedition ist viel abwechslungsreicher.“ An diesem Nachmittag ist er mit dem eTGE unterwegs, um die Koffer zu den Hotels zu bringen. Viele Zugreisende geben ihr Gepäck vor der Reise auf, um es nicht selbst tragen zu müssen. Auch diesen Verteildienst übernimmt die Spedition. Als er in den Wagen steigt, feixt ein Kollege: „Na, wieder mit dem Greta-Thunberg-Auto unterwegs?“ Sven Große-Hohnacker winkt ab. „Wieso, macht doch Spaß“, ruft er zurück und steigt ein. Wenig später rollt er flüsterleise und ohne lokale Abgasemissionen durch den Kurort. Er trägt die Koffer aus dem Auto, stellt sie in die Flure der Pensionen und an die Empfangstresen in den Hotels. „Was machst du denn mit den Koffern“, ruft ihm eine Frau entgegen. „Bist du nicht mehr bei der Bank?“ Sven Große-Hohnacker schaut zufrieden drein. „Nee, ich bin jetzt bei der Spedition.“
Wie Sven Große-Hohnacker schätzt auch Georg Fischer den eTGE – trotz seines Faibles für starke Dieselmotoren. „Man gewöhnt sich schnell daran. So ein E-Auto hat ja kein Getriebe und bringt die volle Leistung auf die Achse. Das ist schon toll.“ Und die Reichweite von 130 Kilometern sei für die Insel optimal. Manchmal genüge das sogar für zwei volle Arbeitstage. Nur eines bleibe auf Norderney eine Herausforderung: Im Urlaub seien viele Gäste so entspannt, dass sie, anders als daheim, manchmal kaum auf den Verkehr achteten. Der leise eTGE werde da schon mal übersehen. Aber auch dafür hat Georg Fischer eine Lösung: „Wir haben schon ernsthaft überlegt, ob wir nicht Klingeln an die Außenspiegel schrauben. Denn natürlich wollen wir die Urlauber nicht mit der Hupe erschrecken.“
Text: Tim Schröder
Fotos: Roman Pawlowski (Fotos) / Beat Schwiersch (Video)