MAN Truck & Bus

Geschichte

Ein Langholztransporter von M.A.N.-Sauer Lastwagenwerke

Wie aus Maschinenlärm Zukunftsmusik wurde

Die Zukunft von MAN ist digital, automatisiert und elektrisch. Auf dem Weg zu einem der führenden internationalen Anbieter von Nutzfahrzeugen musste der wachsende Betrieb etliche technische Hürden nehmen und sich weltgeschichtlichen Umbrüchen stellen. Eine Unternehmensgeschichte in fünf Akten.

Akt 1: Die Anfänge

Im Jahr 1840 gründet der Unternehmer Ludwig Sander zusammen mit dem Ingenieur Jean Gaspard Dollfus in Augsburg das erste direkte Vorläufer-Unternehmen von MAN, die Sander’sche Maschinenfabrik. 1844 wird diese in die C. Reichenbach’sche Maschinenfabrik umbenannt, nach dem Druckmaschinenpionier Carl August Reichenbach, der das Unternehmen mit seiner innovativen Erfindung bekannt machte. 1857 erfolgt eine weitere Umbenennung in die Maschinenfabrik Augsburg. Parallel entsteht in Nürnberg 1841 die Eisengießerei und Maschinenfabrik Klett & Comp, die 1873 in die Maschinenbau-Actiengesellschaft Nürnberg umfirmiert. 1898 fusionieren die Unternehmen in Augsburg und Nürnberg zur Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg A.G. – und nennen sich 1908 schließlich Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG, abgekürzt M.A.N..

Unabhängig davon reichen die Wurzeln von MAN auch noch bis zu einem weiteren, indirekten Vorläufer-Unternehmen zurück: der 1758 gegründeten Eisenhütte St. Antony in Oberhausen, dem ersten Schwerindustrieunternehmen im Ruhrgebiet. Im Jahr 1808 wird die Hütte mit zwei benachbarten Eisenhütten zur Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen zusammengeschlossen. 1873 wird daraus die Gutehoffnungshütte, Aktienverein für Bergbau und Hüttenbetrieb kurz GHH. 1921 übernimmt sie die Mehrheit an der damals finanziell angeschlagenen Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (M.A.N.). Durch diesen Zusammenschluss kann langfristig die Versorgung mit Kohle, Eisen und Stahl für die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG gewährleistet werden.

Akt 2: Die goldenen Zwanziger und der Zweite Weltkrieg

Die Geburtsstunde der Nutzfahrzeug-Produktion datiert auf 1915 zurück: Damals beginnt in Lindau am Bodensee in einem kleinen Montagewerk die Produktion von Nutzfahrzeugen. Damals noch als M.A.N.-Saurer Lastwagenwerke – ein Joint-Venture mit der Schweizer Adolph Saurer AG. Produziert werden leichte Kardan- sowie die schwereren Kettenwagen. Bereits ein Jahr später erfolgt die Verlagerung der Nutzfahrzeugproduktion von Lindau nach Nürnberg. Inmitten der goldenen Zwanzigern, 1924, präsentiert MAN den ersten Fahrzeug-Dieselmotor mit Direkteinspritzung weltweit und völlig neu konstruierte Busse, die auf einem Niederrahmenchassis aufbauen. Nur wenige Jahre nach der Weltpremiere baut MAN die ersten Dreiachser sowie Oberleitungsbusse. Mit 140/150 PS erschaffen sie in den 1930er Jahren den international stärksten Dieselschwerlast-Lkw zu dieser Zeit. Neben der Entwicklung von Abgasturboladern für Dieselmotoren und dem Allradantrieb für Nutzfahrzeuge, führt MAN die Fließbandfertigung in der Produktion ein.

Im Zweiten Weltkrieg sind die Werke Nürnberg und Augsburg immer wieder Ziel von Luftangriffen. Dort werden vor allem Panzer oder auch Busse und Lkw als Heeresfahrzeuge hergestellt, z.B. der „Einheitsdiesel“ mit Allradantrieb, bis die Hallen und Produktionsmaschinen Ende 1944 fast vollständig zerstört werden. Lange wird auch die Produktion von zivilen Nutzfahrzeugen aufrechterhalten.

Akt 3: Wiederaufbau und Wirtschaftswunder

Im Jahre 1953, im Zuge des Wiederaufbaus und des einsetzenden Wirtschaftswunders, prägen die F8 Haubenwagen und Omnibusse als MKN-Ausführung mit Alligator-Motorhaube das Bild auf den deutschen Straßen. Im Offroad-Bereich sind es die Ackerschlepper oder Ackerdiesel von MAN, die vor allem in der Landwirtschaft und dem Holzbetrieb zum Einsatz kommen.

Zu dieser Zeit werden die Traktoren, Busse und Lkw in Nürnberg gebaut, aufgrund der steigenden Produktion zieht MAN 1955 in das neue und größere Werk nach München-Allach. Dort läuft am 15. November desselben Jahres der erste Lkw vom Band, ein 515 L1. 1963 beendete MAN die Fertigung von Traktoren.

Im Jahr 1965, nach nur zehn Jahren, wurden dort bereits 100.000 Lkw hergestellt. In dieser Dekade prägen vor allem die wuchtigen Hauber und Frontlenker, genannt „Pausbacke“, das Bild auf den Straßen und im Gelände. Nicht nur die Produkte werden innovativer, auch das Produktlogo von MAN verändert sich. Anfang der 1970er Jahre übernimmt MAN die Firma Büssing. Auf diesem Weg findet der Braunschweiger Löwe Einzug in das Logo. In Kooperation mit dem französischen Nutzfahrzeughersteller Saviem und später auch mit Volkswagen steigt MAN in die gemeinsame Produktion und den Verkauf von leichten Lkw-Modellen ein. Ende der 1970er Jahre, 1978, wird der MAN 19.280 zum „Truck of the Year“ gewählt – viele weitere Auszeichnungen sollten folgen.

Akt 4: Globalisierung und Internationalisierung

In den 70er bis 80er Jahren expandiert MAN vor allem international. Der Nutzfahrzeughersteller fertigt und verkauft Lkw und Busse jetzt auch in Südafrika, den USA und der Türkei. Hinzu kommen mit der Übernahme der Marken ÖAF, Gräf & Stift sowie Steyr erhebliche Produktionskapazitäten in Österreich. Nicht nur die Standorte werden erweitert, mit dem G90, M90 und F90 begründet MAN eine Fahrzeugfamilie bestehend aus einer Reihe leichter, mittlerer und schwerer Lkw, wie es sie vergleichbar heute noch gibt. Die Busproduktion findet im ehemaligen Büssing-Werk Salzgitter statt, das MAN im Jahre 1971 übernimmt. Zudem erwirbt MAN 2001 die Premium-Busmarke NEOPLAN.

2007 dienen die neuen schweren Lkw-Baureihen TGX und TGS als Nachfolger der im Jahr 2000 eingeführten TGA-Serie, womit MAN einen weiteren Meilenstein für internationale Transportlösungen setzt: Die V8 Variante mit 680 PS ist zu der Zeit der stärkste Serien-Truck in Europa.

Auch bei den Stadtbussen gibt es Innovationen: Mit dem MAN Lion's City Hybrid geht die vierte Generation der Hybridbusse in Serienproduktion. Dank des innovativen Hybrid-Antriebskonzepts spart das Modell bis zu 25 % Kraftstoff ein und wird 2011 mit dem „ÖkoGlobe“ und dem „Red Dot Design“-Award ausgezeichnet.

Im Jahr 2016 wird es kleiner bei MAN: In diesem Jahr betritt der Münchner Konzern erstmals die Welt der Transporter. Mit dem neuen MAN TGE von 3,0 bis 5,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht rundet MAN sein Produktprogramm nach unten ab. MAN wird somit zum Full-Range Anbieter.

Akt 5: Elektrifizierung und Digitalisierung

Digitalisierung und Automatisierung sind schon früh in der Unternehmensgeschichte verankert. Doch 2017 startet MAN eine regelrechte digitale Offensive und bringt gleich mehrere große Projekte an den Start: Alle Lkw werden mit der offenen, herstellerunabhängigen Plattform RIO verbunden. Sie ermöglicht es, die Tourenplanung, Routenoptimierung und das Wartungsmanagement von komplexen Fahrzeugflotten zu vereinheitlichen.

Aufbauend auf dieser Plattform bietet MAN seit 2018 seinen Kunden unter dem Namen „MAN DigitalServices“ auch erstmals für MAN-Fahrzeuge maßgeschneiderte digitale Lösungen an. Damit erhalten MAN-Kunden in Echtzeit und ortsunabhängig Einsicht in ihre Fahrzeugdaten. Außerdem wird die Abteilung MAN Transport Solutions gegründet, die Kunden beim Einstieg in die Elektromobilität mit qualifizierter Expertise und maßgeschneiderten Lösungen zur Seite steht.

Seit Herbst 2018 sammeln Unternehmen in Österreich und Deutschland mit einer Kleinserie des MAN eTGM Erfahrungen mit der E-Mobilität im täglichen Einsatz. Außerdem präsentiert MAN auf der IAA auch die Studie MAN CitE, einen elektrisch angetriebenen City-Truck, der voller neuer Ideen und kreativer Lösungen steckt. Der in nur 18 Monaten entwickelte 15-Tonner ist für den innerstädtischen Verteilverkehr konzipiert.

Zusätzlich launcht MAN seine neue Stadtbusgeneration – die Lion’s City Baureihe bietet zukunftsfähige Lösungen für alle Herausforderungen im ÖPNV. Mit den komplett neu entwickelten Diesel- und Gasmotoren, dem neuen MAN EfficientHybrid System und dem vollelektrischen MAN Lion‘s City E steht ab 2018 die ganze Bandbreite sauberer und effizienter Antriebe zur Verfügung.

Außerdem führt MAN in Kooperation mit DB Schenker und der Hochschule Fresenius einen weltweit ersten Praxistest zur Platooning-Technologie durch. Beim Lkw-Platooning fahren zwei und mehr Fahrzeuge in kurzem Abstand elektronisch gekoppelt hintereinander. Dies erhöht die Verkehrssicherheit, der Windschatteneffekt ermöglicht eine Kraftstoffersparnis und verringert die CO2-Emissionen.